Dienstag, 15. November 2016

Der Tag nach dem Lichterfest

Am Abend des 14. November wurde in ganz Thailand das alljährliche Lichterfest gefeiert. Interessant, dass sich dieses Fest in zeitlicher Nähe zu unserem abendländischen Martinsfest befindet, an dem ja ebenfalls die Lichtsymbolik bei den Laternenumzügen der Kinder eine wichtige Rolle spielt. In der buddhistischen Kultur Thailands stehen allerdings keine Laternen im Zentrum, sondern kleine Flößchen aus Bananenblättern und Blumen, auf denen Kerzen und Räucherstäbchen platziert sind. Diese Flößchen werden dann ins Wasser gesetzt, und man lässt sie einfach davon schwimmen. So geschah es hier in Pattaya sowohl am Meeresstrand, wo sich Tausende Menschen zum Fest einfanden, wie auch auf dem Redemptoristen-Campus, wo die Flößchen in ein großes Wasserbassin vor unserer Konferenzhalle gesetzt wurden. Die Kapitulare waren alle zu diesem Fest eingeladen, die Hauptakteure waren aber die Kinder und Jugendlichen aus den Betreuungseinrichtungen und Schulen der Redemptoristen. Sie sorgten für Musik und hatten ihre Freude daran, ihre Gäste in dieses typische thailändische Fest einzuführen. Vielleicht hätten wir die Symbolik dieses Abends für unsere Sitzung tags darauf ernster nehmen sollen. Die Flößchen ins Wasser zu setzen, bedeutet nämlich, alle Frustrationen und Sorgen, alles Ärgerliche und allen Groll loszulassen. Bei länger dauernden Konferenzen und Tagungen ist es ja gruppendynamisch vorprogrammiert, dass es irgendwann um die Halbzeit herum zu einem kritischen Punkt kommt. Ich verrate hoffentlich keine zu großen Geheimnisse, wenn ich erzähle, dass wir im Generalkapitel einen solchen kritischen Punkt erreicht haben. Das war gestern bereits absehbar. Heute wurden viele Fragen aufgeworfen: Sind die kulturellen Unterschiede in unserer Ordensgemeinschaft so groß, dass wir den Zusammenhalt verlieren? Aber ist es nicht auch wichtig, einander das Privileg zu erlauben, anders zu sein? Inwieweit dient ein Generalkapitel ausschließlich als Instrument der Administration unserer Ordensgemeinschaft? Verheddern wir uns nicht in zu vielen Einzelbeschlüssen? Sollten wir nicht stärker unsere Vision ins Auge fassen und miteinander beraten? Aber wie zu einer gemeinsamen Vision finden? Sind neue Strukturen, neue Kommissionen, neue Sekretariate das Allheilmittel? Wie gehen wir miteinander um? Wie gehen wir miteinander den Weg durch die nächsten Tage? Wie gesagt, ein kritischer Punkt scheint erreicht zu sein. Es wurde in allem Freimut und in großem Respekt sowie im Aufeinanderhören miteinander geredet. Hoffentlich schaffen wir, manches Flößchen ins Wasser zu setzen und einfach davonschwimmen zu lassen, um mit dem Leben in all seiner Buntheit neu zu beginnen.

Die kleinen Flößchen am Fest "Loi Krathong".
 
Das Bassin, an welchem in den letzten Tagen noch heftig gebaut wurde.

Flößchen in unterschiedlicher Größe.

Alle sind mit Freude dabei.

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